Gesunde Schreibmotorik wird politisch: Bayerisches Staatsministerium sieht Handlungsbedarf
Ein wichtiges Signal aus der Politik: Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention erkennt die Bedeutung der Schreibmotorik für die gesunde Entwicklung von Kindern an und nimmt sie im Rahmen des Handlungsfeldes „Gesunde Basis schaffen“ in den Masterplan Prävention auf.
Gesundes Handschreiben und die Förderung des Schreibenlernens an Schulen ist ein Kernthema der Arbeit am Schreibmotorik Institut. Mit Studien, Fortbildungen und Praxisprojekten machen wir die Bedeutung handschriftlicher Fertigkeiten für Lernerfolg und die gesunde Entwicklung von Kindern sichtbar.
Nun rückt dieser Bereich auch bei der Politik stärker in den Blick: Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention hat im Frühjahr 2024 die Eckpunkte für den sogenannten Masterplan Prävention vorgestellt. Ziel ist es, Gesundheitsförderung und ein Bewusstsein für einen gesunden, modernen Lebensstil in allen Lebensphasen zu verankern. Unter den Handlungsfeldern wird im Bereich „Gute Basis in Kita und Schulen“ künftig auch die Schreibmotorik in Verbindung mit der Rückengesundheit von Kindern berücksichtigt. Dass diese Aspekte Eingang in die Planungen des Staatsministeriums gefunden haben, ist insbesondere dem Einsatz der Osteopathin Simone Lüders zu verdanken. Gemeinsam mit der TU München und dem Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) beschäftigte sich Lüders in einem laufenden Projekt mit der Sitzhaltung von Erstklässler:innen und konnte in ersten Auswertungen Defizite erkennen.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Aufnahme der beiden Themen ein wichtiger Impuls. Forschung und Praxis sehen die Probleme von Kindern bereits seit geraumer Zeit. Die Ergebnisse der STEP Studie zeigen seit 2015 das Ausmaß der Schreibprobleme, denen Schüler:innen in der Primarstufe und den weiterführenden Schulen ausgesetzt sind. Flüssiges und schnelles Schreiben stellen für knapp die Hälfte der Schüler:innen eine Herausforderung dar. Auch gesundheitliche Aspekte spielen eine Rolle: Schüler:innen an weiterführenden Schulen können nicht länger als eine halbe Stunde schreiben, ohne zu verkrampfen (STEP 2022). Studien zur Rückengesundheit sprechen ebenso für einen Handlungsbedarf: Laut des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung Nord (IFT-Nord) klagen ca. 27 Prozent der Schulkinder wöchentlich über Rückenschmerzen. Wenn Schreiben zur Belastung wird und Schmerzen zum Alltag, fällt es Schüler:innen schwer, dem Unterricht zu folgen – mit potenziell negativen Konsequenzen für ihre schulischen Leistungen bis hin zur gesamten Bildungsbiografie.
Körperhaltung und Schreibmotorik gehören zusammen: Ein günstiger Schreibablauf erfordert eine stabile, dynamische Körperhaltung, die den Rücken entlastet und Verspannungen vorbeugt. Eine schlechte Sitzhaltung führt nicht nur zu motorischen Einschränkungen, sondern kann langfristig gesundheitliche Folgen haben. Daher ist es sinnvoll, Schreibförderung und Rückengesundheit gemeinsam in Bildungsprogrammen zu betrachten.
Die Aufnahme beider Themen in den Masterplan Prävention ist ein wichtiges Zeichen: Sie erkennt an, dass Schreibmotorik nicht nur eine pädagogische, sondern auch eine gesundheitspolitische Frage ist.
Quellen
Schreibmotorik Institut & Verband Bildung und Erziehung (VBE) (2022). STEP 2022: Studie über die Entwicklung, Probleme und Interventionen zum Thema Handschreiben (Online-Umfrage Nov. 2021 – April 2022). Berlin / Heroldsberg: Schreibmotorik Institut / VBE.
anewinkel, R., Hansen, J. & Neumann, C. (Hrsg.) (2023). Wohlbefinden und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Ausgewählte Ergebnisse des Präventionsradar 2022/2023. Kiel: IFT-Nord.