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23. Januar 2022

Tag der Handschrift: Schön schreiben in der Schule ist out!

Schön schreiben ist … schön. Doch geht es darum, dass Schreiben auch Spaß und vor allem klüger macht, sind andere Faktoren viel wichtiger. Darauf weist Marianela Diaz Meyer, Leiterin des Schreibmotorik Instituts, zum Tag der Handschrift am 23. Januar hin. „Worauf es ankommt, ist eine leserliche Schrift und eine flüssige Bewegung.“ Denn nur mit einem gewissen Tempo beim Schreiben könne das Gehirn das Geschriebene auch verarbeiten und sich so kognitive Fähigkeiten entwickeln.

Copyright: Pexels/Marta WaveDas vom Arzt ausgestellte Rezept ist ebenso wenig eine kalligrafische Meisterleistung wie die Notizen der Kollegin oder die Postkarten von Tante Heidi. Dabei sind alle drei durch Schulen gegangen, in denen es noch Noten fürs „Schönschreiben“ gab.

„Schönschreiben ist out“, sagt Marianela Diaz Meyer. „Wenn man so kontrolliert schreibt, ist man oft sehr langsam und die Handschrift nicht mehr authentisch“, erklärt die Leiterin des Schreibmotorik Instituts. Das hätten Studien gezeigt. „Kinder und Jugendliche dürfen heute Individualität zeigen. Das gilt auch für das Schreiben von Hand. Ob man in der Zeile bleibt oder den Bogen eines Buchstabens perfekt zu Papier bringt – das ist nicht mehr relevant. Worauf es ankommt, ist eine leserliche Schrift und eine flüssige Bewegung.“

Denn letzteres entscheidet auch über den Spaß, den man am Handschreiben hat. Der ist dann gegeben, wenn Schüler*innen aller Altersklassen das Schreiben ohne große Anstrengung gelingt. Selbstverständlich ist dies längst nicht mehr. Viele Mädchen und noch mehr Jungen kommen beim Schreiben nicht mehr hinterher, was sich oft negativ auf die Schulnoten auswirkt. Dass weniger Sport getrieben, gemalt oder gebastelt werde, sieht die Expertin dabei als einen wesentlichen Faktor für die verringerten feinmotorischen Fähigkeiten, die auch die Bewegungen von Handgelenk und Fingern beeinflussen. „Diese Bewegungen müssen in einem gewissen Tempo erfolgen, um flüssig und leserlich in Schrift umgesetzt werden zu können.“

Das ist nicht nur die Voraussetzung dafür, um beschwerdefrei schreiben zu können, was schon heute drei von fünf Schüler*innen der Sekundarstufe schwerfalle. Es ist auch die Grundlage dafür, dass das Gehirn das Geschriebene verarbeitet und sich die kognitiven Fähigkeiten entwickeln können. „Beim Handschreiben zünden die Neuronen ein wahres Feuerwerk, weil dabei mehr als 30 Muskeln und 15 Gelenke koordiniert werden müssen“, so Diaz Meyer. Zwölf verschiedene Areale werden so im Hirn aktiviert: von der Wahrnehmung über die Verarbeitung von Informationen bis hin zur motorischen Ausführung. Das passiert beim Tippen nicht, wie Neurowissenschaftler bei Gehirnscans entdeckt haben. „Weil es sich um die immer gleiche Bewegung handelt, egal ob ich ein A, ein S oder ein B drücke. Deshalb ist es so wichtig, charakteristische Buchstaben zu formen, weil das Hirn diese ganz anders verarbeiten kann und die kognitiven Fähigkeiten dabei entwickelt werden“, so die Schreibmotorik-Expertin. „Um es auf den Punkt zu bringen: Handschreiben macht einfach schlauer.“

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